Viele Puristen werden mir jetzt sicher widersprechen, doch vertrete ich die Meinung,
dass Doom nicht immer nur traditionell und episch sein muss, sondern auch das Recht
hat, experimentellere Gefilde zu betreten. Im Klaren heißt dies, dass CANDLEMASS
und BLACK SABBATH in ihrem Bereich sicherlich Referenz sind, aber keinesfalls die
stilistischen Grenzen dieses Genres festlegen. Besonders in Finnland macht sich
nämlich in letzter Zeit eine ganze Reihe junger Bands daran, die langsamen
Klängen mit Elementen aus der heimischen Folklore zu veredeln und gerade über
das dort ansässige Firebox-Label sind in den letzten Monaten so einige Perlen
herausgekommen.
In dieses Bild passen auch AARNI, die auf ihrem Debütalbum "Bathos"
nicht nur die verschiedensten musikalischen Einflüsse veerarbeiten sonden vor
allem auch deutlich machen, dass selbst in so einem im Grunde genommen recht beschränkten
Genre wie Doom noch eine Menge Innovation möglich ist. So finden sich neben
den eingangs erwähnten folkloristischen Sounds in erster Linie haufenweise
avantgardistische Klänge, die "Bathos" letztendlich auch so interessant
machen. Bereits beim sphärischen Intro wird dieser Ansatz klar und nachdem
man beim arg rockigen aber stets düsteren 'Squaring The Circle' noch einmal
den Göttern von BLACK SABBATH huldigt geht es beim darauffolgenden 'QUinotaurus
(Twelve Stars In Sight)' schon weitaus verspielter und experimentierfreudiger zur
Sache. Von heftigen Stakkatos über wunderschöne Flötenmelodien bis
hin zu beschwörenden Chören wird hier alles verwendet und somit auch zum
ersten Mal ausgetestet, wie weit man gehen kann, ohne die Wurzeln dabei zu verleugnen.
Das melodische und doch sehr ruhige 'Kivijumala' geht sogar noch einen Schritt weiter,
frisst sich aber nach einer Zeit wie ein hungriger Ohrwurm durch die Gehörgänge
- sehr, sehr geiler Song!
Danach wird es wieder ruhiger und mit dem melancholischen 'V.I.T.R.I.O.L.' gibt
man einerseits Anregung zum Nachdenken, andererseits aber auch Gelegenheit, sich
einmal ganz tief in die bewegende Welt von AARNI fallen zu lassen. 'The Thunder,
Perfect Mindfuck' klingt da schon heftiger, beinhaltet auch einige aggressivere
Vocals, bewegt sich aber weiterhin entlang des von Anfang an gesponnenen roten Fadens,
der schließlich beim erneut avantgardistischen Instrumental 'Mental Fugue'
ein jähes Ende findet.
Doch "Bathos" ist damit noch lange nicht vorbei, denn mit den beiden abschließenden
Kompositionen 'Niut Net Meru' und 'Kesäyö' wagt man sich dann in ganz
fremde Welten, bezieht allerhand Inspiration aus dem orientalischen Sektor hinzu
und kombiniert diesen mit Tönen der Weltmusik zum wohl exostischsten gemisch,
welches jemals die Überschrift Doom getragen hat.
AARNI riskieren auf ihrem Debüt viel, trauen sich an Sachen heran, die vor
ihnen in dieser Form garantiert noch keiner probiert hat und gehen dabei die Gefahr
ein, dass der Hörer sich aufgrund des erhöhten Anspruchs ziemlich schnell
abwendet. Doch schon nach dem ersten Durchgang stellt sich heraus, dass die Finnen
wirklich alles richtig gemacht haben, denn die neun Stücke auf "Bathos"
wissen einen über die gesamte Spielzeit von 65 Minuten zu fesseln, die Stimmungen
schwingen sofort auf den Hörer um, und dieser ist wiederum dankbar dafür,
dass es eine Band wie AARNI gibt, die sich nicht auf dem Dagewesenen ausruht, sondern
bewusst versucht, neue Grenzen zu setzen. Dafür gebührt dem finnischen
Trio einerseits uneingeschränkter Respekt, und andererseits komme ich auch
auf keinen Fall daran vorbei, "Bathos" jedem einzelnen Fan von Doom und
Folk zu empfehlen - hier wächst etwas ganz Großes heran!
Anspieltipps: Quinotaurus (Twelve Stars In Sight), Kivijumala, V.I.T.I.O.L., Niut
Net Meru
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