"Avantgarde mooD musick"? Ja, so kann man das nennen, was die Finnen auf ihrem ersten vollständigen Album machen, denn wer die Band nur als Doom-Band bezeichnet, wird ihr definitiv nicht gerecht. Der nach dem Intro folgende eigentliche Opener "Squaring The Circle" geht noch am ehesten in die traditionelle Doom-Ecke. Zeitlupentempo, lavaartige, schwere und monotone Gitarrenriffs, ein knarziger Bass, einfache, aber effektvolle, nur aus wenigen lang angehaltenen Tönen bestehende Leads sowie die tiefe Grabesstimme von Bandleader Markus Marjomaa zeichnen diesen mit knapp acht Minuten Spielzeit noch zu den kürzeren Stücken zählenden Song aus. Das ist minimalistischer, extremer Doom, wie ihn auch die Landsmänner von REVEREND BIZARRE praktizieren.
Das ganze Album ist jedoch um einiges vielfältiger und hat noch einiges mehr
zu bieten. Das sehr kurze "Quinotaurus" zeigt die Band von einer ganz
anderen Seite. Das Stück ist geprägt durch offene, stimmungsvolle Akkordzerlegungen,
folkloristische Flötenmelodien, einen im Vergleich zum ersten Stück zerbrechlichen,
mittelhohen Gesang und wirklich böses Geflüster, welches für eine
unheimliche, cthulhuoide Atmosphäre sorgt.
Das fast zwölfminütige, rein instrumental gehaltene "Kivijumala"
beginnt ähnlich, zeigt aber noch weitere Facetten des Bandsounds auf und klingt
insgesamt betrachtet wie eine doom-metallische Version von TENHI. Zu schweren Doom-Riffs
gesellen sich typische TENHI-Flöten, dann wird der Song schneller mit cleanen
Akkordzerlegungen, um anschließend in extreme REVEREND BIZARRE-Regionen vorzustoßen.
Ganz groß, und für jeden Nicht-Doomer natürlich eine harte Geduldsprobe.
Richtig abgefahren wird es aber bei "Niut Net Meru", das mit interessanter
Ethno-Percussion beginnt und mit seinen absolut unkonventionellen Harmoniefolgen
und dem kranken, disharmonischen Gesang, der an eine Beschwörung erinnert,
einige Leute sicher in den Wahnsinn treiben dürfte, zumal hier auch keine übliche
Taktart und Rhythmik verwendet wird. Das Ganze klingt zwar zunächst einmal
extrem verstörend, durch ein als Break immer wieder auftauchendes melodisches,
cleanes Gitarrenlick gibt es in diesem Song aber tatsächlich so etwas wie eine
Hookline, die alles zusammenhält und dafür sorgt, dass man das Stück
dennoch bereits nach dem ersten Hören in Erinnerung behält.
Im abschließenden "Kesäyö" treibt die Band das Stilmittel
der Wiederholung auf die Spitze, indem ein kurzes Percussion- und Bassthema immer
und immer wieder gespielt wird. Durch diese Monotonie entsteht eine sehr eigenartige
Stimmung, der man sich kaum entziehen kann.
Nicht nur musikalisch sind die Finnen ziemlich abgedreht. In Texten und Booklet-Illustrationen (hier taucht beispielsweise mehrmals das "Sacred Chao" auf, welches der "Principia Discordia" entnommen ist) beschäftigt man sich mit Okkultismus, Verschwörungstheorien und Gehirnwäsche. Für Fans der "Illuminatus!"-Trilogie von Shea und Wilson auf jeden Fall interessant, ebenso wie der Fragebogen auf der letzten Seite des Booklets.
Sind AARNI nun faszinierend oder stinklangweilig? Sicherlich sprechen die Finnen
nur eine sehr kleine Käuferschicht an, nämlich die Schnittmenge aus den
Fans von extremem Doom und Neofolk. Traditionellen Doomfans ist die Musik wahrscheinlich
zu avantgardistisch, und wer mit Doom nichts anfangen kann, der wird sowieso schnell
aufgeben. Wer aber aufgeschlossen ist für das etwas andere Hörerlebnis,
der sollte sich "Bathos" nicht entgehen lassen.
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